Inwiefern sind Offshore-Projekte herausfordernder als Projekte an Land?
— Tom Pietercil: Das liegt vor allem an den Wetterbedingungen, von denen unsere Arbeit extrem, wenn nicht sogar komplett abhängig ist. Das Meer ist eine sehr gefährliche Arbeitsumgebung. Wenn etwas schiefgeht, hat das enorme Konsequenzen. Sowohl was die Sicherheit als auch was die Kosten
betrifft. Deshalb sind eine gute Planung und eine reibungslose Durchführung so wichtig. Um dies gewährleisten zu können, müssen unsere Leute rund um die Uhr im Einsatz sein. Es wird in Schichten gearbeitet, damit jederzeit das erforderliche Fachwissen zur Verfügung steht.
— Henrich Quick: Das Meer ist ein sehr kostenintensives Arbeitsumfeld. Allein schon das Chartern eines Schiffs kann über 100.000 Euro pro Tag kosten. Wenn wir dann Schlechtwetter haben, muss das Schiff im Hafen bleiben. Das kann dann schon mal zwei bis vier Wochen dauern. Es steht sehr viel auf dem Spiel, wenn eine falsche Entscheidung getroffen wird. Bei der Planung liegt daher ein enormer Druck auf uns und unseren Auftragnehmern. Darüber hinausspielen Genehmigungsverfahren auch im Offshore-Bereich eine wichtige Rolle. Wir beteiligen alle relevanten Stakeholder aktiv, was auch hier zu intensiven Verfahren führt.
Wie entwickelt sich die Zusammenarbeit zwischen 50Hertz und Elia?
— Henrich Quick: Der Erfahrungsaustausch ermöglicht uns, Risiken besser einzuschätzen und Einsparungen in Millionenhöhe zu erzielen. Durch die Organisation von Workshops und die Standardisierung von Verfahren stimmen wir unsere Arbeitsweisen ab. Das erleichtert es Elia und 50Hertz, mit Partnern aus Belgien und Deutschland zu kooperieren. Für die nächste Offshore-Welle wird 50Hertz zum Beispiel mit dem belgischen Unternehmen Parkwind zusammenarbeiten und die Best Practices aus dem MOG-Projekt übernehmen.
— Tom Pietercil: Neben diesem Austausch der Best Practices prüfen wir eine Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Material und Dienstleistungen, die wir in beiden Ländern für unsere Projekte nutzen werden. Die gemeinsamen Aktivitäten stärken unsere Marktposition und stellen sicher, dass wir innerhalb der Elia Group die gleichen Qualitätsstandards anwenden. Gleichzeitig wird so unser Knowhow über den Betrieb unserer Anlagen gebündelt, was ein weiterer wichtiger Vorteil ist.
— Henrich Quick: Die Zusammenarbeit im Bereich Einkauf ist insbesondere für die Kabelherstellung interessant. Auf diesem Markt ist der Preis nicht der einzige ausschlaggebende Faktor, auch die Lieferkapazitäten der Hersteller spielen eine wesentliche Rolle. Durch die Bündelung unserer Kräfte können wir interessantere Angebote einholen. Natürlich müssen wir dabei die unterschiedlichen Auflagen in beiden Ländern berücksichtigen, auch technische Anpassungen an die in der Nord- und Ostsee geltenden Anforderungen müssen einkalkuliert werden.
Welche künftigen Offshore-Entwicklungenerwarten Sie?
— Henrich Quick: Wenn wir die europäischen Ziele 2050 erreichen wollen, muss die Offshore-Windenergie weiter ausgebaut werden. Das bedeutet natürlich auch Wachstumschancen für die Elia Group. Es bleibt abzuwarten, ob wir in unseren Heimatmärkten weiter wachsen oder ob das Potenzial für Projekte in der Nord- und Ostsee in den kommenden Jahren ausgeschöpft sein wird. Sollte Letzteres der Fall sein, könnten wir uns überlegen, unsere Erfahrungen in anderen Ländern, die später auf den Offshore-Zug springen, einzubringen.