Ökologisches Trassenmanagement
Die Energiewende und die angestrebte Energieautarkie erfordern zum Anschluss von Strom aus Erneuerbaren Energien aus Photovoltaik und Windkraft den Neubau von zusätzlichen Stromleitungen. Gleichzeitig müssen bestehende Leitungen gewartet und bei Bedarf ersetzt werden. Das Übertragungsnetz von 50Hertz misst aktuell (Stand Oktober 2024) ca. 10.600 km.
Um eine Freileitung zu bauen, werden Trassen angelegt. Lässt die Planung keine andere Trassenführung zu, führen Freileitungen in seltenen Fällen durch Waldgebiete. Auf diesen Trassen müssen abschnittsweise und regelmäßig wiederkehrend Bäume entfernt oder gekürzt werden, wenn diese in den Sicherheitsbereich der Leiterseile zu wachsen drohen. Leiterseile benötigen genügend Freiraum nach unten und zu den Seiten, um auch bei Ausschwingen den notwendigen Sicherheitsabstand einhalten zu können. Die Versorgungssicherheit und die Verhinderung von Bränden haben oberste Priorität.
Was bleibt und was weichen muss, legt ein sogenannter Wald- und Hagplan für den Gehölzeinschlag fest. An manchen Stellen muss zur Sicherheit der Leitung flächig abgeholzt bzw. gekürzt werden, an anderen Stellen reicht es aus, gezielt einzelne Bäume aus dem Bestand zu entfernen. In der Nähe der Masten können auch mehr und höhere Bäume stehen gelassen werden, weil die Leiterseile dort nicht zur Seite schwingen können und kein elektrischer Überschlag zu befürchten ist.
770 km Trassen in Wäldern hat 50Hertz (Stand 2023) zu betreuen. Das entspricht der Strecke von Berlin bis Brüssel. Ein enormes Potential für den Aufbau und den Schutz wertvoller Biotope.
Zum Teil befinden sich auf diesen Waldtrassen schützenswerte Biotope wie Orchideenwiesen, Zwergstrauchheiden, extensive Waldweiden und strukturreiche Vorwälder. Früher wurden diese Flächen bei Erreichen der maximal zulässigen Aufwuchshöhe meist großflächig gemulcht, d.h. Gras und Holz wurden gehäckselt, und das Häckselgut wurde auf dem Boden belassen. Zurück blieb dabei oft eine triste Fläche, auf der sich Pionierpflanzenarten und invasive Arten (Neophyten), wie die spätblühende Traubenkirsche, ausbreiteten. Durch deren schnelles Wachstum haben kleinere Pflanzen oft keine Chance mehr auf genug Licht und Platz. Neben dem Verlust von ökologisch wertvollen trockenen Offenlebensräumen verändern Neophyten teilweise auch die Standorteigenschaften beispielsweise durch die Anreicherung von Stickstoff im Boden. Zudem erfordern sie aufgrund des schnellen Wuchses eine weitere Pflege in immer kürzeren Zeitabständen, was auch aus ökonomischer Sicht für den Netzbetreiber ungünstig zu bewerten ist.
Hier setzt das Ökologische Trassenmanagement (kurz: ÖTM) an, um wertvolle Biotope zu schützen bzw. zu kultivieren bei gleichzeitig wirtschaftlich ausgewogener Fürsorge für die Leitungssicherheit. Eine klassische Win-Win-Situation.
Die Netzbetreiber in Deutschland haben sich auf eine Definition zum Ökologischen Trassenmanagement verständigt. Diese ist im Hinweis zum Ökologischen Trassenmanagement (Erscheinungsjahr 2024), herausgegeben vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) im VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik e.V.) zu finden: